notes/school/di-ma/20181017_1-wichtige_kombinatorische_probleme.md
Valentin Brandl bf0c7b00bd
All checks were successful
the build was successful
Add lesson Wichtige kombinatorische Probleme
2018-10-17 21:37:07 +02:00

7.1 KiB

title date
Wichtige kombinatorische Probleme 2018-10-17

Ein Ziel: Anzahl der Möglichkeiten, n Bälle auf m Urnen zu verteilen, zu verstehen.

Vorher:

  1. Mengenpartitionen
  2. Permutationen
  3. Zahlpartitionen (geordnet und ungeordnet)

In vielen Fällen erhalten wir "nur" eine Rekursionsformel und keine geschlossene Formel, um die Anzahl zu bestimmen (siehe auch Binomialkoeffizient).

Mengenpartitionen

Endliche Menge A, k \in \mathbb{N}

Bild

Wir wollen A unterteilen in k nicht-leere Teilmengen A_i, i \in \{ 1,...k \}, so dass A_i \neq \emptyset, A_i \cap A_j = \emptyset, i \neq j, also paarweise disjunkt und \bigcup\limits_{i=1}^n A_i = \dot{\bigcup}_{i=1}^n A_i = A.

Definition: Sterling-Zahl zweiter Art

Eine $k$-Partition einer endlichen Menge A ist eine ungeordnete Partition von A in k nicht-leere Teilmengen A_i, i \in \{1,...k\}. Die Anzahl dieser $k$-Partitionen bezeichnen wir mit S_{n,k} und heißt Sterling-Zahl zweiter Art.

Satz: Sterling-Zahl zweiter Art

Für alle n \geq k gilt S_{n,k} = S_{n-1,k-1} + k \cdot S_{n-1,k}.

Beweis: Sterling-Zahl zweiter Art

Wir teilen die Anzahl der $k$-Partitionen der Menge A = \{1,...n\} auf in zwei disjunkte Fälle.

  1. Fall:

    \{n\} ist eine der k Teilmengen. Damit bilden die weiteren Teilmengen eine $(k-1)$-Partition der Menge A \setminus \{n\} = A' = \{1,...n-1\}. Dafür gibt es S_{n-1,k-1} Möglichkeiten.

  2. Fall:

    \{n\} ist keine der k Teilmengen. Wir betrachten die $k$-Partition von A' = \{1,...n-1\}. Davon gibt es S_{n-1,k} viele. Wir erhalten aus jeder dieser Partitionen eine Partition von A = A' \cup \{n\} indem wir n in eine der k Teilmengen hinzufügen. Damit erhalten wir in diesem Fall k \cdot S_{n-1,k} Möglichkeiten.

Summenformel liefert


S_{n,k} = S_{n-1,k-1} + k \cdot S_{n-1,k}

\tag*{$\Box$}

Beispiel: n = 4, k = 3, A = \{1,2,3,4\}

  1. Fall:

    • \{1,2\} \cup \{3\} \cup \{4\}
    • \{1,3\} \cup \{2\} \cup \{4\}
    • \{2,3\} \cup \{1\} \cup \{4\}
  2. Fall: 3-Partition von A' = \{1,2,3\} ist \{1\} \cap \{2\} \cap \{3\} und damit

    • \{1,4\} \cap \{2\} \cap \{3\}
    • \{1\} \cap \{2,4\} \cap \{3\}
    • \{1\} \cap \{2\} \cap \{3,4\}

\Rightarrow S_{4,3} = 3 + 3 \cdot 1 = 6

Permutationen

Eine Permutation auf \{1,...n\} ist eine bijektive Abbildung \pi : \{1,...n\} \to \{1,...n\}.

  1. Wir wissen schon, dass es insgesamt n! solcher Permutationen gibt
  2. Wir wissen, wie viele Permutationen es gibt, die keinen Fixpunkt haben

Mögliche Darstellungen von \pi:

  1. als Tabelle

     
    pi : \{1,...n\} \to \{1,...n\}
    

    $

    i 1 2 ... n
    \pi(i) | \pi(1) | \pi(2) | | \pi(n) |

    Beispiel: n = 5

    i 1 2 3 4 5
    \pi(i) | 3 | 4 | 1 | 2 | 5 |
  2. als Produkt von Zykeln

    Ein Zykel der Länge l ist (i_1,i_2,...i_l) und entspricht der Permutation \pi : \{1,...n\} \to \{1,...n\} mit \pi(i_1) = i_2, \pi(i_2) = i_3, \pi(i_{l-1}) = i_l und \pi(i_l) = i_i. Für x \notin \{i_1,...i_l\} mit x \in \{1,...n\} gilt \pi(x) = x.

Beispiel: n = 5

Der Zykel (3 2 4 1) entspricht der Permutation

i 1 2 3 4 5
\pi(i) 3 4 2 1 5

Ein Produkt von Zykeln entspricht der Hintereinanderführung der einzelnen Permutationen (gelesen von rechts nach links).

Beispiel: n = 5


(3 2 4) (5 1 2) \\
\pi_2 \text{        } \pi_1

Entspricht \pi = \pi_2 \circ \pi_1 also

i 1 2 3 4 5
\pi_1(i) 2 5 3 4 1
\pi_2(i) 1 4 2 3 5

Damit \pi = \pi_2 \circ \pi_1 gegeben als

i 1 2 3 4 5
\pi(i) 4 5 2 3 1

Insbesondere interessant sind Produkte von Zykeln die disjunkte Elemente haben.

Insbesondere gilt:

Satz: Permutation als Produkt von Zykeln

Jede Permutation lässt sich als Produkt con elementfremden Zyklen schreiben.

Beweis: Permutation als Produkt von Zykeln

Gegeben: \pi : \{1,...n\} \to \{1,...n\}.

Wir konstruieren eine solche Darstellung. Wir starten mit einem Element (z.B. 1) und betrachten die Sequenz


i_1 = 1 \\
i_2 = \pi(i_1) = \pi(1) \\
i_3 = \pi(i_2) = \pi(\pi(i1)) \\
\text{usw.}

Da die Menge \{1,...n\} endlich ist, gibt es ein minimales l, so dass i_{l+1} = \pi(i_i) = i_1. Damit erhalten wir den Zykel (i_1,i_2,...i_l). Wir starten den Prozess erneut mit einem Element aus ${1,...n} \setminus {i_1,...i_l}$ bis alle Elemente aus \{1,...n\} in einem Zykel enthalten sind.


\tag*{$\Box$}

Beispiel: Permutation (1)


\pi = \pi_2 \circ \pi_1 \\
(1,4,3,2,5) \\
\pi(1) = 4 \\
\pi(4) = 3 \\
\pi(3) = 2 \\
\pi(2) = 5 \\
\pi(5) = \underline{1} \\

Beispiel: Permutation (2)


(1,3)(2,4)(5) \\
\pi(1) = 3, \pi(3) = \underline{1} \\
\pi(2) = 4, \pi(4) = \underline{2} \\
\pi(5) = 5

Diese Darstellung ist nicht eindeutig, denn

  1. Wir können die Reihenfolge der Zyklen ändern.

    Beispiel: (1,3)(2,4)(5) = (2,4)(5)(1,3

  2. Wir können innerhalb eines Zykels rotieren

    Beispiel: (1,4,3,2,5) = (2,5,1,4,3)

Bis auf diese Modifikationen ist diese Darstellung eindeutig.

Definition: Sterling-Zahl erster Art

Die Anzahl der Permutationen auf \{1,...n\} die in genau k Zyklen zerfallen (wobei wir Fixpunkte, d.h. Zyklen der Länge 1 mitzählen) bezeichnen wir mit s_{n,k} und heißt Sterling-Zahl erster Art.

Auch dafür gibt es eine Rekursionsformel.

Satz: Sterling-Zahl erster Art

Für n \ge k gilt s_{n,k} = s_{n-1,k-1} + (n-1) \cdot s_{n-1,k}

Beweis: Sterling-Zahl erster Art

Wir betrachten (wieder) zwei disjunkte Fälle von Permutationen auf \{1,...n\}, die in k Zykeln zerfallen

  1. Fall: Die Permutation hat (n) als Zykel. Damit bilden die restlichen (k-1) Zykeln eine Permutation der Elemente \{1,...n-1\}. Davon gibt es s_{n-1,k-1} viele.

  2. Fall: Die Permutation hat (n) nicht als Zykel. Wir betrachten hier eine Permutation auf \{1,...n-1\}, die in $k$ Zykeln zerfällt. Davon gibt es s_{n-1,k} viele. Wir fügen das Element n ein. Dafür gibt es $(n-1)$ Möglichkeiten. Damit gibt es im 2. Fall insgesamt (n-1) \cdot s_{n-1,k} Möglichkeiten.

Summenformel liefert:


s_{n,k} = s_{n-1,k-1} + (n-1) \cdot s_{n-1,k}

\tag*{$\Box$}

Beispiel: n = 4 \{1,2,3,4\}

  1. Fall:

     
     = s_{3,1} = \begin{cases}
    1,2,3)(4) \\
    1,3,2)(4)
    end{cases}
    

    $

  2. Fall:

     
    1,2)(3) = \begin{cases}
    1,2,4)(3) \\
    1,4,2)(3) \\
    1,2)(3,4)
    end{cases} \\
    1,3)(2) = \begin{cases}
    1,3,4)(2) \\
    1,4,3)(2) \\
    1,3)(2,4)
    end{cases} \\
    2,3)(1) = \begin{cases}
    2,3,4)(1) \\
    2,4,3)(1) \\
    2,3)(1,4)
    end{cases}
    

    $


s_{3,2} = 3